Freitag, Frau - Echt easy, Frau Freitag! by Das Allerneueste aus dem Schulalltag

Freitag, Frau - Echt easy, Frau Freitag! by Das Allerneueste aus dem Schulalltag

Autor:Das Allerneueste aus dem Schulalltag
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Vom Schwänzen

»Taifun, wo warst du gestern?«

»Kopfschmerzen.«

»Entschuldigung?«

»Morgen.«

»Frau Freitag, denken Sie eigentlich, dass Chanel krank ist?«, fragt mich Erhan mit großen Augen.

Chanel schwänzt. Chanel schwänzt schon seit Beginn des Schuljahres. Sie hatte schon in der Grundschule eine Schulversäumnisanzeige, nun läuft die zweite. Sie ist eine von den wenigen in meiner Klasse, die lauter Fünfen hat.

»Frau Freitag, sie ist nicht krank! Ich sehe sie immer in Center.« Erhan will unbedingt, dass ich ihm das glaube.

»Erhan, ich weiß. Sie schwänzt. Wir sind da schon dran, keine Sorge.«

Chanel schwänzt. In meiner letzten Klasse hat Marcella geschwänzt. Und Fatma, die jetzt OSZ macht. Und Asmaa, die schon verlobt ist mit ihrem Kuseng. Und Emre, der Rapper … Ach, schwänzen. Schüler schwänzen eben. Bei dem einen oder anderen hilft es, wenn man gleich nach der ersten geschwänzten Stunde ein riesen Buhei macht, die Eltern informiert, moralische Standpauken hält und lückenlose Überwachung ansetzt. Andere lassen sich davon nur bedingt beeindrucken, geloben halbherzig Besserung und hängen dann die nächsten möglicherweise anstrengenden Stunde wieder ab. Einige gewöhnen sich so sehr an den variablen Stundenplan, dass sie sich ihren Schulabschluss abschminken können. Andere wie Emre und Fatma schaffen dann doch irgendwann den Absprung, und es gibt ja immer noch den zweiten Bildungsweg.

Aber sind wir Lehrer so viel besser? Was ist mit der Kollegin in meiner alten Schule, die nach den Ferien grundsätzlich zwei weitere Wochen krankgeschrieben war? Was ist mit den selbstgewählten Auszeiten der Schonlehrer, die regelmäßig stattfinden, wenn die Arbeiten geschrieben und die Zensuren eingetragen sind? Und was ist mit mir?

Heute: Sport mit Frau Dienstag. Fester Termin. Fest wie der Montag, der immer nach dem Sonntag kommt. Unverrückbar und jegliches Versäumnis unentschuldbar.

»Frau Dienstag, was ist los? Sport heute?«

»Ich kann nicht. Wir bekommen Besuch. Meine Tante aus Amerika kommt, die sehe ich nur alle zehn Jahre. Ich war dafür gestern. Weil ich ja schon wusste, dass ich heute nicht kann.«

Besuch? Häh? Kein Sport?

»Wie? Du kommst heute nicht?« Frau Dienstag ist die personifizierte Pflichterfüllung. Ich kann es gar nicht glauben, was sie mir da durch das Telefon säuselt.

Okay, Frau Dienstag hat vorgearbeitet. Den ganzen Tag habe ich mir vorgenommen, zum Sport zu gehen. Alleine. Und was mache ich? Ich liege frisch gebadet auf der Couch und esse Suppe. So frisch aus der Badewanne kann ich doch nicht mehr zum Sport. Aber warum hast du denn gebadet, wenn du doch zum Sport wolltest? Mir war kalt.

Hilft alles nichts. Die Fakten sprechen doch eine ganz eindeutige Sprache: Ich schwänze! Und ich leide. Wie immer, wenn ich mir was vorgenommen habe und es dann nicht mache. Schwänzen, das kommt in meinem Leben eigentlich nicht vor. Dafür bin ich zu protestantisch.

Die Königin des Schwänzens allerdings ist: Frau Gymnasiumschule-guck-mal-wie-viel-ich-korrigieren-muss. Beim kleinsten Halskratzen wird sich mit US-Serien auf die Couch zurückgezogen. Fortbildungen – die teuer bezahlt wurden – werden geschwänzt, wenn es draußen nicht 20 Grad warm oder schon dunkel ist. Und das Schärfste dabei: Sie hat nicht den Anflug eines schlechten Gewissens. Ich hätte mich bei dem ganzen Geschwänze schon vor lauter Schuldgefühl verstümmelt. Aber sie: »Ist so kalt und dunkel draußen.



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